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Vor Jahren einmal hörte ich bei einer Diskussionsrunde unter Veganerinnen und Veganern die Aussage: „Ich habe ein Recht zu wissen, ob in einem Produkt tierische Produkte verwendet wurden oder nicht.“ Das hat mich nie wieder losgelassen.

Es stimmt, dass man immer mehr Selbstverständlichkeiten tierischer Ausbeutung entlarvt, wenn man genauer nachfragt, wie Produkte des alltäglichen Lebens hergestellt werden. So freue ich mich bis heute über jene Bloggerinnen und Blogger, welche ihre Produktanfragen veröffentlichen und es mir z. B. erleichtern, vegane Aquarellfarben und Kleber zu finden. Ich möchte mit diesem Artikel genau dort anschließen und die Welt der Laboranalysen demaskieren. Ich sage vorab, dass es mir leidtut. Ent-Täuschung tut weh.

Down the rabbit hole – das bodenlose Faß

Während ich bei Therapeutika schon immer sehr genau hinschaute, nachlas und nachfragte, beschäftige ich mich mit dem Hintergrund der Laboranalysen noch nicht lange. Vielleicht fürchtete ich die Antworten. Alles fing mit der Idee an, dass Bakterienkulturen in Nährboden gezogen werden – da ist bestimmt was Tierisches drin, dachte ich mir. Ich ließ es mit der Hoffnung, dass dem nicht unbedingt so sein muss, liegen.

Dann kam die Frage nach Nahrungsmitteltests auf. Als Darmtherapeutin liegt das einfach irgendwann auf dem Tisch, wenn sich immunologische Reaktionen im Darm vermuten lassen, wie es z. B. beim Leaky-Gut-Syndrom (Permeabillitätsstörung der Darmschleimhaut) der Fall ist. Erst kommt die Frage auf: Welche Tests sind hier überhaupt sinnvoll? Danach kommt die Frage: Gibt auch Testangebote nur mit veganen Lebensmitteln, schließlich wäre ein Test auf Ei und tierische Milch für Veganerinnen sinnlos. Für Vegetarier gibt es solche Tests bereits. Auf der Suche danach bin ich aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus gekommen:

Exkurs: Ist das Veganer-Abzocke?

Ich habe sage und schreibe einen einzigen Labortest gefunden, der nur auf vegane Lebensmittel testet. Das man mit nur 25 getesteten Lebensmitteln nicht weit kommt, ist die eine Seite der dunklen Medaille. Die andere ist nämlich noch dunkler:

 

Zu diesen 25 „Lebens“mitteln gehören nämlich unter anderem Soja, Tempeh und Tofu. Wer jetzt den Zeigefinger in die Höhe schwingt und anmerken will, dass das ja alles irgendwie… Soja ist, ja vîolà, das ist richtig.

 

Weiter geht’s mit Gluten und Seitan. Ja, ihr meldet euch schon ganz wild. Richtig, ist exactement das gleiche. Wieder zwei Punkte im Test abgehakt.

 

Testobjekte sind dann sinnvoll, wenn sie Einzelzutaten sind. Was bei den Mischkosttests und auch beim Vegetariertest befolgt wurde, wird nun mit Kuriositäten ersetzt: Veganes Ei, Veganer Käse, Falafel, Vegane Scampi. Jetzt schüttelt ihr sicher auch euren Kopf. Denn es gibt zig Rezepturen dafür. Ich musste auch erst einmal überlegen, was mit dem veganen Ei gemeint war und denke jetzt einfach mal an die vielen Eiersatzpulver. Die Tests auf solche individuellen Rezepturen sind absolut ohne Aussagekraft. Aber hey, wieder 4 Testobjekte gefüllt.

 

Das wird aber sicher gut an Heilpraktiker und Ärztinnen verkauft, die dann sagen können: Ja, wir können den Test auch für vegane Lebensmittel anbieten! Schauen diese sich die Tests kritisch hinterfragend an? Wissen sie, dass Veganer auch noch was anderes essen, was sinnvoller zu testen wäre, wie die bei Veganerinnen häufiger eingesetzte Hefe (B-Vitamine), die aber bei vielen tatsächlich das immunologisch reizt!?

 

Naja, es lässt sich halt gut verkaufen, wenn vegan draufsteht, oder? Und hier die bittere Botschaft: Die Tests selbst sind nicht vegan.

Vegane Labortests sucht man wie die Nadel im Heuhaufen

Eine der konkretesten Antworten, die ich auf meine Anfrage bei Laboren bekam, war diese hier:

Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir ihnen keine gesicherten Angaben machen können, ob Untersuchungen vegan sind. Für die meisten Analysen werden tierische Materialien mitverwendet (klinische, Chemie, Mikrobiologie, Allerlogie, etc.). Für sehr viele Analysen werden zudem Labortestkits eingesetzt. Hier ist nicht gekennzeichnet, ob es sich um vegane Materialien handelt. Wir bitten um Verständnis, dass wir dies im Einzelfall nicht überprüfen oder die Hersteller kontaktieren werden. Zudem müssen Sie bedenken, dass auch wenn die Untersuchungen mit rein chemischen Reagenzien durchgeführt wurden (zum Beispiel Urinuntersuchungen wie HPU) wir keine Aussage darüber treffen können, ob diese vegan hergestellt wurden. Auch sollte man davon ausgehen, dass chemische Reagenzien in der Regel nicht tierversuchsfrei sein werden.

Sämtliche Untersuchungen, die nährbodenbasiert sind (z. B. zur Testung auf vermehrungsfähige Bakterien aus Stuhl, Urin, Abstrichen, Sputum…), sind nicht vegan. Eine weitere Laborantwort:

Die Nährböden enthalten unter anderem Pepton aus Gelatine, Casein und Fleisch, außerdem Laktose und Gallensalzmischung. Vegane Nährböden gibt es leider nicht.

Alles, was mit Hilfe von Antikörpern bestimmt wird, ist nicht vegan. Dazu zählen auch die Nahrungsmitteltests. Meine Anfrage bezog sich auf Hormonanalysen im Speichel:

Diese Antikörper werden aus Tieren gewonnen. Das ist generell so bei jedem Antikörpertest (Infektionsserologie, Borrelien, Helicobacter etc.)

Was Veganerinnen und Veganer tun können

Zunächst einmal halte ich mich ganz an den einst gehörten Satz: „Wir haben ein Recht zu wissen, wo tierische Produkte enthalten sind.“ Jede und jeder zieht ihre und seine eigenen Grenzen des Möglichen, Machbaren und der authentischen Entscheidungen. Wo deine Grenze ist, darfst du selbst herausfinden.

 

Wie viel Tests brauche ich?

Grundsätzlich, und das gilt für alle, können wir überlegen, welche Tests wirklich wichtig sind. Das ist meistens schon eine Frage des Finanziellen, wenn man sie selbst zahlen darf. Wer nicht gerade bei einer Heilpraktiker-Versicherung untergekommen oder privat versichert ist, darf die Laborkosten bei Heilprakterinnen und Heilpraktikern ebenso selbst übernehmen. Viele gezielte und sinnvolle Tests sind zudem in der gesetzlichen Versicherung nicht gedeckt, da diese neuen Entwicklungen oft jahrzehntelang (!) hinterher hinkt. Hier kommt nun eine weitere Ebene der Abwägung hinzu.

 

Alternative Medizin – alternative Testmethoden

Alternative Testmethoden existieren. Diese sind jedoch häufig nicht evidenzbasiert gesichert. Wer in die Welt der Alternativmedizin einsteigt, kann mit hoch aktuellen wissenschaftlichen Ideen in Berührung kommen, die es noch nicht in die langjährige Überprüfbarkeit der Testmethoden geschafft haben.

Oder es sind Tests in Heilsystemen, die schon lange, vielleicht Jahrtausende existieren, welche sich dem mechanistischen Weltbild der evidenzbasierten Wissenschaft völlig entziehen. Ich denke da z. B. an die Pulsdiagnostik, die Zungendiagnostik, Anlitzdiagnose etc. der Traditionellen Chinesischen Medizindes und des Ayurveda.

Im Westen wird im alternativen Raum gern der kinesiologische Test eingesetzt. Mir ist bisher nur eine Untersuchung von Dr. Klinghardt bekannt, welche es in die Listung bei pubmed geschafft hat. Der Test kommt dort gut weg, basiert aber auf einer genauen Technik des Armmuskeltests, die bei den meisten Testern und Testerinnen eben nicht so gemacht wird. Ich teste gern mit dem Tensor, bin mir aber der Anfälligkeit auf Übertragung sehr bewusst und beziehe immer noch weitere Informationen ein. Am sichersten ist laut Dr. Klinghardt die Testung über eine neutrale Zwischenperson, die selbst gut therapiert ist.

Alle Tests können versagen. Das gilt nicht nur für alternative Tests, sondern auch für Labortests. Für letztere werden durchaus häufiger Überprüfungen veranlasst, wenn der Wert nicht zu Symptomen oder Erwartungen passt oder der Wert wirklich besonders auffällig ist. Es liegt an den Therapeuten und Therapeutinnen alternativer Testmethoden ihre Grenzen zu kennen und ihre Testmethoden ebenso immer wieder zu überprüfen.

 

Es gibt rein vegane Labortests!

Selten. Eine davon ist die Haarmineralanalyse. Diese ist jedoch qualitativ sehr abhängig von gutem (und verdammt teurem) Laborequipment und von der Expertise jener, die die Probe vorbereiten. Hier gab es in der Vergangenheit viel zu lernen. Sie war einst sehr verfälschungsanfällig und schwer reproduzierbar, was am falschen Vorbereiten der Proben lag.

Ich liebe die Therapie auf Basis einer gut gelesenen Haarmineralanalyse, aber weiß auch, dass meine Proben zum weltbesten Labor in den USA gesandt werden. Glücklicherweise können mit der Methode des Nutritional Balancing viele Dinge interpretiert werden. Sie gibt uns Hinweise auf den Stoffwechsel, die Entgiftungsleistung, wie Hormone wirken können, die Entzündungsneigung, die Sauerstoffsättigung, die Verdauungsleistung – wenn man sie interpretieren kann.

Hinweis: Eine Haaranalyse, die dir Angaben zu Enzymen etc. machen möchte, ist keine echte Haarmineralanalyse, bei der, wie der Name schon sagt, nur Mineralstoffe aus dem Haar detektiert werden. Da stecken keine Verdauungsenzyme drin. Solche Tests sind maximal informationsbasiert, energetische Tests vielleicht. Hier haben wir wieder eine hohe Fehleranfälligkeit, die wir auch nicht einschätzen und bewerten können.

Fazit

Wenn z. B. auf Borrelien oder der Maserntiter für den Kindergartenzugang getestet werden muss, hilft keine Haarmineralanalyse. Man kann kinesiologisch testen, was für die eigene Therapie ausreichen kann. Aber keine Behörde würde einen solchen Nachweis akzeptieren. Da gibt es nur Antikörpertests.

Unterm Strich ist es gut zu wissen, worauf unser heutiges Laborsystem und Medizinsystem funktioniert. Mit der Information sind wir informiert und können bewusst entscheiden. Und wir haben wieder einen Ansatz für ein bisschen Revolution.