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Darmtherapie liegt im Trend. Basierend auf der Weisheit, dass alle Krankheit ihren Anfang im Darm nimmt, bin ich über diesen Trend ganz froh. So richtet sich der Fokus von immer mehr Menschen auf ihr Zentrum, den Bauch und ihr besseres Bauchgefühl. Doch wie jeder Trend treibt er seine Blüten. Es wird viel versprochen, was aber hauptsächlich dem Geld der Macher zu gute kommt, während man als Betroffener sein Leiden verlängert und sich in falscher Sicherheit wähnt. Bevor auch du in diese Falle trittst, hier ein paar Infos:

Warum Heimtests immer beliebter werden

Ganz ehrlich: Vom allgemeinen schulmedizinischen System sind viele restlos enttäuscht. Wenn nicht gerade ein Notfall jagt, sondern sich chronische Beschwerden einschleichen, dann gibt es genug frustrierende Erfahrungen zu machen. Einige warten auf die Diagnose „austherapiert“, andere ziehen früher die Reißleine: Es muss was anderes geben.

Vor allem wird bewusst, dass man ohne Selbstverantwortung nicht mehr weiterkommt. Wie gut, dass es einem immer einfacher gemacht wird, medizinische Tests selbstständig zuhause durchführen können. Auch bei Ärzten und Heilpraktiker bekommt man schließlich das Stuhltestset nach Hause, nimmt die Probe nach Anleitung selbst, schickt sie per Post ins Labor, aber wird dann zum Ergebnisbesprechen und Therapieren einbestellt, statt das Laborergebnis direkt zugeschickt zu bekommen. Andere Heimtests, z. B. auf Infektionen, Aminosäureprofile etc. erfreuen sich auch immer größerer Beliebtheit.

Scheinbar bedeutet es:

  • Ein finanziell erst einmal überschaulicheres Bild
  • Mehr Diskretion und Bequemlichkeit, wenn man die Tests zuhause durchführen kann (was bei Stuhltests ohnehin so ist)
  • Einfache Verfügbarkeit, die auch eine gewisse Selbstkontrolle und Selbstoptimierung bedeutet
  • Davon zu profitieren, dass Tests immer genauer werden (aber bitte unten die Erfahrung lesen) und einfach zu handhaben sind

Häufige Probleme bei Stuhl-Selbsttests: Was du wissen musst

 

Mangelde Expertenbegleitung und Fehlinterpretationen

Fehlende Fachkenntnis kann zu Fehldiagnosen führen. Schon so einige Male kamen Patientinnen und Patienten in die Praxis mit einem selbst durchgeführten Test und noch mehr Fragezeichen in den Augen als zuvor. Google und Chat-GPT wurden zur Interpretation bemüht, aber sie können nur Hinweise geben und im Zweifel eben eine völlige Fehldiagnose basteln.

Laborergebnisse bedürfen immer einer fachkundigen Einordnung, um ihre wahre Bedeutung zu erfahren. Es braucht viel medizinisches Hintergrundwissen, um wirklich zu wissen, was zu tun ist. Nur ein Laborergebnis zu bekommen, mit irgendwelchen erhöhten oder verminderten Werten, ohne fachliche Einrahmung und Therapiebegleitung bedeutet eigentlich nur noch mehr Sorgen.  

 

Warum professionelle Beratung unerlässlich ist

In der Praxis ist es so, dass wir Heilpraktikerinnen nicht das Laborergebnis behandeln, sondern den Menschen zu dem das Laborergebnis gehört. Es fließen zur Diagnose weitaus mehr Informationen durch gezielte Gespräche und Untersuchung. Auch zeigt das Zusammenspiel der Laborparameter Diagnosen viel besser an, als einzelne Parameter. Es finden Risikoeinordnungen statt und individuelle Bedürfnisse in der Therapie und vor allem ein ganzheitlicher Blick werden berücksichtigt. Zudem gibt es einen großen Erfahrungsschatz, der allein viel Zeit und Sorgen sparen kann.

Grenzen der Aussagekraft: Was Heimtests nicht leisten können

In meiner Praxis entscheidet das Gespräch mit der beschriebenen Symptomatik viel darüber, welche Parameter ich in Auftrag gebe, welche wir uns sparen können oder in welch andere Richtungen wir noch denken müssen. Es gibt nämlich folgende Probleme:

  • Die Ermittlung der Laborergebnisse hat Einfluss auf die Interpretation dieser. Nehmen wir das Mikrobiom bzw. die Flora als Bespiel: Einige Werte sagen etwas über die Vervielfältigungskraft der bestimmten Keime aus, andere überhaupt nicht. 
  • Pathologisch oder nicht? Manche Werte können Hinweise auf passagere Keime geben, haben bei anderen Diagnosen aber Krankheitswert. Wiederum andere können nur indirekt herausgelesen werden, müssen in der Therapie aber unbedingt berücksichtigt werden.
  • Bringt der Wert etwas? Manche Werte werden nur bestimmt, weil man es kann – für eine Therapie gibt es weder eine Mehrinformation noch konkrete therapeutische Interventionen, insbesondere wenn man auf einer oberflächlichen symptomatischen Ebene bleibt.
  • Wie viele Werte brauche ich, um gut therapieren zu können? Je nachdem, was ich aufgrund der geschilderten Symptomatik wissen muss, belaufen sich die Laborkosten in meiner Praxis auf 80-160 EUR. Manchmal werden dann aufgrund der Symptome und Laborwerte noch zusätzliche Werte interessant, die in den Rundum-Heimtests nicht vorkommen (z. B. Atemgasuntersuchungen). Die Rundum-Heimtests kosten einiges mehr und haben keine weiterführende Diagnostik integriert. Abgespeckte Heimtest-Varianten testen vielleicht auf Parameter, die für dich gar nicht die richtigen sind – aber woher sollst du das wissen?
  • Kann ich dem Laborergebnis trauen? Nicht jedes Labor ist in allen Angeboten gut und versiert. Ich habe meinen Favoriten für Stuhltests, einen anderen für die Haarmineralanalyse, wiederum einen anderen für Urintests oder Hormontests. Das ist gewachsene Erfahrung. So manche Ergebnisse von ihren Selbsttests, die mir Patienten zeigten, passten einfach nicht mit ihrer Symptomatik zusammen. Ein neuerlicher Test in „meinen“ Laboren zeigte dann, dass bestimmte Parameter sehr wohl auffällig waren. Die Labore, die aktuell Heimtests anbieten, sind nicht auf meiner Favoritenliste.

Effektive Alternativen zu Stuhl-Selbsttests

Vorteile professioneller medizinischer Untersuchungen

Nach dem Lesen des Vorherigen wird klar: Genauere und zuverlässigere Ergebnissen und deren Interpretation kann es nur durch professionelle Begleitung geben. Diese sollte auf ihr medizinisches Wissen geprüft worden sein. Denn auch selbsternannte Darm-Coaches etc. können nicht die Tiefe und Gesamtheit der Symptomatik und Laborergebnisse erfassen. Professionelle Unterstützung bedeutet Erfahrungswissen zur Symptomatik, der Laborauswahl, deinem Lebensstil und möglichen Auswirkungen deiner Geschichte – und das alles zusammen gesehen. Dich in guten Händen zu wissen bei einer langfristigen Therapie ist wirklich wichtig. Nur so weißt du, auf welche Aspekte es wirklich ankommt und wo du wirklich dranbleiben solltest. Bei versuchten Selbsttherapien ist der Zweifel manchmal schneller da als das bestellte Supplement. Dann änderst du doch wieder Kurs und beginnst das Grübeln über deinen Ergebnissen erneut.

 

Ganzheitliche, ursächliche und individuelle Behandlung

Du bist einzigartig – und so sollte auch deine Therapie sein. Es gilt herauszufinden, warum dein Körper dir diese Zeichen zeigt, was ursächlich ist und wo du unbedingt ansetzen solltest. Welches sind genau deine Themen dabei? Wo muss zuerst angesetzt werden? Es gibt Gründe, warum du eine Darmentzündung auch nach Jahren der Selbsttherapie nicht in den Griff bekommst – es fehlt etwas, an das diese Labortests nicht denken können. Hast du zudem spezielle dietätische Bedürfnisse oder kannst du nicht gut mit Kapseln, bist du ebenso bei jemand Erfahrenem gut betreut, der darauf eingehen und andere Therapievorschläge machen kann.

 

Langfristige Therapie & Prävention

In meiner Praxis arbeite ich viel darauf hin, dass du dich und deine Symptomatik verstehst. Du weißt dann perspektivisch, wie du gewisse Anzeichen ernstnehmen und auf welche du selbstständig reagieren kannst, aber auch welche noch einmal intensivere Ursachenschau und Begleitung in der Praxis benötigen. Darmtherapie braucht etwas Zeit – die Probleme sind nicht über Nacht gekommen, Entzündungen sind oft jahrelang unentdeckt geblieben und bei vielen Patientinnen finden wir deren Beginn bereits in den Teenagerjahren. 

 

Ein Abschluss-Tipp: Nur Probiotika? No-Go

Egal ob durch einen Selbsttest inspiriert oder von medizinischer Seite als Therapie vorgeschlagen: Wird dir aufgrund deines Tests nur Probiotika angeraten, dann suche nach einer (anderen) professionellen Begleitung. Probiotika sind ein Riesenmarkt und ein großer Anteil davon hat keine gute Sicherheitsstrategie – und sie kosten richtig viel. Stell dir vor, du setzt eine Handvoll Menschen auf den Mars aus – meinst du, sie werden sich wohlfühlen, heimisch werden und sich gut vermehren? Genau das passiert, wenn du die paar Bakterien im Vergleich zu unserem großen Darmmikrobiom in deinen jetzigen angeschlagenen Darm streust. Unsere Bakterien sind ein Anzeiger des Milieus. Wird das nicht geändert und geschaut, warum das Milieu ungünstig ist, dann kannst du noch so viele teure Probiotika drauf schütten.

Du kannst das Problem dadurch sogar verstärken. Die Erfahrung hat gezeigt, das längerfristige Probiotika-Gabe das Milieu noch weiter schwächt, weil es die Diversität im Darm in eine Limitierung „erzieht“. Dein Darm kennt zig mehr Bakterienstämme als die vielfältigsten Probiotika auf dem Markt.

 

Fazit

Der Blick auf den Darm ist goldrichtig. Aber er ist hochkomplex. Viele wittern das große Geschäft (*hust*) und bieten Produkte und Tests zur Selbstbehandlung an. Die Praxis zeigt, dass dies oft das Leid verlängert, weil wahre Ursachen unerkannt bleiben. Man kann sich mit solchen Tests einen Überblick verschaffen, aber ihnen nicht uneingeschränkt vertrauen und das große Bild meistens eben nicht selbst erkennen – egal wie viele Werte man bestimmen lässt. Und Probiotika allein bringen es eben nicht (ich verschreibe sie selbst höchst selten). Perspektivisch verlierst du mit der gut gemeinten versuchten Selbsttherapie wertvolle Zeit und viel Geld an Tests und Produkte. Und wenn es gar dein Kind betrifft, dann bedeutet es noch viel mehr. Die Chancen stehen hoch, dass der Knackpunkt der Symptomatik nicht gesehen wird und dass du schließlich doch bei einer professionellen Begleitung landest. Da der Darm Zentrum deiner körperlichen und psychischen Gesundheit ist, wünsche ich dir, dass du mit diesen Informationen schneller und effektiver (wieder) zu einem guten Bauchgefühl zu kommst.